Informationen über Taubblindheit

Doppelte Sinnesbehinderung führt zu umfassenden Einschränkungen

Taubblindheit ist eine doppelte Sinnesbehinderung, bei der Gehörlosigkeit und Blindheit gleichzeitig auftreten. Taubblindheit bedeutet oft nicht den vollständigen Ausfall des Hör- und Sehvermögens, sondern die viel häufigere Kombination einer sehr starken Hör- und Seheinschränkung. Eine Hörsehbehinderung haben Menschen, die nur schlecht hören und sehen können.

Die Einschänkungen sind umfassend und wirken sich vor allem in den Bereichen Orientierung, Mobilität und Kommunikation aus. Begleiterscheinungen können psychische Probleme sein. Zudem sind Menschen mit Taubblindheit von Isolation und Vereinsamung bedroht.

Einschränkungen aufgrund von Taubblindheit & Hörsehbehinderung

  • Räumliche Orientierung & Mobilität

    Menschen mit Taubblindheit können sich in der Öffentlichkeit und in fremden Räumen nicht orientieren und gefahrlos frei bewegen. Sie benötigen bei sämtlichen außerhäuslichen Aktivitäten Begleitung, z. B. bei Einkäufen, Behördengängen oder Arztbesuchen. Gefahrenquellen müssen von Begleitpersonen beschrieben und gemeinsam umgangen werden, z. B. Menschen und Hunde auf Fußwegen oder Autos und Baustellen auf Straßen.

    Menschen mit Taubblindheit können jedoch lernen, in einem Raum alleine zurechtzukommen. Türen, Fenster und das Mobiliar werden dafür solange abgetastet, bis der Raum und all die Gegenstände darin vertraut sind. Die Umgebung kann an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden, z. B. sollten:

    • Küchengeräte und Dinge des täglichen Bedarfs wie Zahncreme, Seifenspender oder Reinigungsmittel an einem festen Platz aufzufinden sein
    • Gegenstände nicht im Weg herumliegen, um Verletzungsgefahren und Stolperfallen zu vermeiden
    • taktile Orientierungshilfen an Bekleidung und technischen Geräten angebracht sein
  • Zeitliche Orientierung

    Taubblinde Menschen können aufgrund ihrer doppelten Sinnesbehinderung Tag und Nacht nicht erkennen. Sie sehen nicht, ob es draußen hell oder dunkel ist und auch nicht, ob Nachtuhe oder geschäftiges Treiben herrscht.

  • Kommunikation

    Die Kommunikationsmöglichkeiten taubblinder Menschen ist doppelt eingeschränkt: Sie können Worte nicht hören und Gebärden nicht sehen. Es bestehen dennoch Möglichkeiten der Verständigung und des gegenseitigen Austausches. Menschen mit im Laufe des Lebens erworbener Taubblindheit beherrschen Lautsprache. Sie können noch sprechen, auch wenn sie sich selbst nicht mehr hören. Zunächst nur Ertaubte konnten die Gebärdensprache erlernt haben. Nach dem Erblinden können sie weiterhin gebärden, jedoch nicht die Gebärden anderer sehen. Taublinde, auch solche von Geburt an, können erlernen, sich mittels taktiler Gebärden mit anderen Menschen auszutauschen. Weitere Informationen hierzu unter:

  • Isolation & Vereinsamung

    Taubblinde sind aufgrund ihrer Behinderung isoliert von anderen Menschen, welche sie nicht sehen, hören und somit auch nicht verstehen können. Sie sind vom Leben in der Gesellschaft ausgeschlossen und haben nicht viele Möglichkeit, sich selbst zu beschäftigen, Wissen zu erwerben und sich inspiieren zu lassen, z. B. durch Bücher, Musik, Film und Fernsehen. 

    Zudem sind Taubblinde in ihrer Freiheit stark eingeschränkt, weil sie stets auf die Unterstützung und Begleitung anderer Menschen angewiesen sind, welche für sie Gefahren erkennen und für sie übersetzen. Ohne diese vollumfängliche Hilfe drohen Menschen mit Taubblindheit Isolation und Vereinsamung.

  • Psychische Probleme

    Die psychische Belastung für einen Taubblinden kann sehr groß sein. Menschen, die erst im späteren Verlauf ihres Lebens taubblind werden, müssen mit dem Verlust ihrer Selbstständigkeit zurechtkommen. Wenn jemand ständig auf fremde Hilfe angewiesen ist, kann dessen Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein stark darunter leiden.

    Können Menschen nicht mehr sehen und hören, sind sie zudem mit vielen neuen Ängsten konfrontiert: z. B. weil sie sich nicht mehr orientieren können und permanent die Möglichkeit besteht, sich zu verletzen. Das kann zu großer Verunsicherung, Unzufriedenheit bis hin zu Depressionen führen. Diese zu überwinden ist nicht einfach. Geht es einem nicht gut, fehlt es häufig an Motivation, Neues zu lernen und auszuprobieren, z. B. Gebärden oder Freizeitaktivitäten wie etwa Tandemfahren mit einem persönlichen Assistenten.

Ihre Einschränkungen können Menschen mit Taubblindheit oder Hörsehbehinderung nicht mit einem anderen Sinnesorgan oder mit Hilfsmitteln ausgleichen, z. B. wie ein Blinder, der die Möglichkeit hat, sich mittels seines Gehörs zu orientieren und einen Bildenstock zu nutzen.

Stets auf Unterstützung angewiesen

Für sämtliche Alltagsaufgaben und -abläufe benötigen Menschen mit Taubblindheit oder Hörsehbehinderung Hilfestellungen von sehenden und hörenden Menschen. Diese erklären alle Gegebenheiten und Situationen, schützen vor Gefahren und übernehmen eine Dolmetscherfunktion, indem sie Fragen Taublinder verstehen und beantworten sowie ihre Wünsche erkennen und erfüllen. Auf diese umfassende Unterstützung, Begleitung und Dolmetscherleistungen sind Menschen mit solchen Einschränkungen angewiesen – und das ein Leben lang.

Der Unterstützungsbedarf variiert stark und ist abhängig vom Zeitpunkt des Eintretens der Sinneseinschränkungen. Wann und in welcher Reihenfolge es zum Verlust des Hör- und Sehsinnes kommt, beeinflusst die Entwicklung eines Menschen.

Erworbene und angeborene Taubblindheit

Für die Entwicklung eines Menschen ist es entscheidend, ob die Taubblindheit von Geburt an besteht oder erst im Laufe des Lebens erworben wird, z. B. aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalls. Taubblind geborene Kinder haben nur wenige Möglichkeiten, die Welt um sich herum zu entdecke. Sie erleben lediglich das, was sie unmittelbar fühlen, riechen oder schmecken. Zudem sind sie abhängig von dem, was ihnen andere Menschen nahebringen. Tritt die Taubblindheit erst im höheren Lebensalter ein, können Kinder, Jugendliche und Erwachsene bis dahin mit all ihren Sinnen lernen und sich entwickeln, z. B. eine Lautsprache erwerben.

Von Geburt an Taubblinde benötigen im Kindesalter sehr viel Körperkontakt. Sie erfahren so, dass sie nicht alleine sind und beschützt werden. Nur auf diese Weise kann Vertrauen aufgebaut werden. Später braucht es Zutrauen, damit Taubblindgeborne erfahren, dass sie selbst etwas tun können. Werden sie zu sehr behütet – wohlmöglich aus Sorge, sie könnten sich verletzen – können sie selbst grundlegende Fähigkeiten wie Laufen und selbstständige Essen nicht erlernen.

Häufig gestellte Fragen

  • Was für Ursachen hat Taubblindheit?

    Ursachen dafür, dass Menschen taubblind oder mit einer Hörsehbehinderung geboren werden, sind z. B.:

    • ein genetischer Defekte wie das Charge-Syndrom
    • eine Vergiftung im Mutterleib durch Alkohol, Drogen oder andere schädliche Substanzen
    • eine Rötelninfektion der Mutter während der Schwangerschaft

    Ursachen für erworbene Taubblindheit und Hörsehbehinderung sind z. B.:

    • eine Erbkrankheit wie das Usher-Syndrom
    • Unfälle
    • Krankheiten wie Hirnhaut- und Gehirnentzündungen
    • hohes Lebensalter
  • Was ist das Charge-Syndrom?

    Das Charge-Syndrom ist ein genetischer Defekt, der zu Taubblindheit oder Hörsehbehinderung führen kann. Es beeinflusst mehrere Organe und alle Sinne sind betroffen: Hören, Sehen, Riechen und Temperaturempfinden sowie Gleichgewicht. Die Bezeichnung Charge ist eine Zusammensetzung der Anfangsbuchstaben der häufigsten Symptome: Das C steht für coloboma of the eye. Ein Kolobom ist eine angeborene Spaltbildung des Auges, welche Sehstörungen verursachen kann. Das E steht für ear abnormalities and deafness – durch Fehlbildungen der Ohren kann zudem zu einem Hörverlust kommen.

  • Was ist das Usher-Syndrom?

    Das Usher-Syndrom ist eine Erbkrankheit, die zu Taubblindheit oder Hörsehbehinderung führen kann. Die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen sind nicht von Geburt an taubblind, sondern bekommen oft erst im Laufe ihres Lebens eine Seh- bzw. Hörbehinderung. Es gibt verschiedene Formen des Usher-Syndroms: Menschen mit Usher-Typ I sind von Geburt an taub, Menschen mit Usher-Typ II und III sind von Geburt an schwerhörig. Definiert wird es durch Innenohrschwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit von Geburt an und eine später einsetzende Seheinschränkung durch Netzhautdegeneration. Letztere ist verursacht durch Retinopathia Pigmentosa (RP). RP verursacht ein zunehmend eingeschränktes Sichtfeld und eine beeinträchtigte visuelle Schärfe und kann bis zur Erblindung führen.

  • Welche Rolle spielt bei Taublindheit und Hörsehbehinderung das Alt?

    Altersbedingte Taubblindheit und Hörsehbehinderung nimmt aufgrund der steigenden Lebenserwartung zu. Im Alter verschlechtern sich bei vielen Menschen die Hör- und Sehfähigkeit. Weit verbreitet ist die altersbedingte Makula-Degeneration. Aufgrund von Ablagerungen auf der Netzhaut kann nach und nach die zentrale Sehkraft zerstört werden. Details wie z. B. Buchstaben und Gesichter erscheinen zunehmend verzerrt, Farben und Kontraste verblassen, bis nur noch ein dunkler Fleck wahrnehmbar ist.

  • Wie viele Menschen sind von Taubblindheit betroffen?

    Das Deutsche Taubblindenwerk schätzt, dass in Deutschland rund 10.000 Menschen mit Taubblindheit und Hörsehbehinderung leben. Bei bis zu 1.000 Kindern und Jugendlichen bis zu 20 Jahren seien die Einschränkungen angeboren.

  • Wie können Menschen mit Taubblindheit kommunizieren?

    Menschen mit Taublindheit - auch von Geburt an - können erlernen, mittels taktiler Gebärden zu kommunizieren. Der Lesende legt seine Hände auf die seines Gesprächspartners und erfühlt dessen Gebärden. Zudem können sich Menschen mit Taubblindheit mit Lormen verständigen. Einzelne Finger und Handpartien sind bestimmten Buchstaben zugeordnet. Mit Hilfe des Lorm-Alphabets buchstabiert der Lormende Worte in die Innenhand des Lesenden hinein.

    Menschen mit im Laufe des Lebens erworbener Taubblindheit beherrschen Lautsprache. Sie können noch sprechen, auch wenn sie sich selbst nicht mehr hören. Zunächst nur Ertaubte konnten die Gebärdensprache erlernt haben. Nach dem Erblinden können sie weiterhin gebärden, jedoch nicht die Gebärden anderer sehen.

    Bei einer Hörsehbehinderung kann auch mit Bezugsobjekten und Bildkarten kommuniziert werden. Bezugsobjekte stehen für bestimmte wiederkehrende Handlungen oder Ereignisse, z. B. eine bestimmte Tasche für den Schulbesuch und eine andere für die Heimfahrt. Bildkarten stellen symbolisch Handlungen oder Gegenstände dar. Hiermit können Menschen mit geringer Hör- und Sehkraft lernen, Erwartungen zu bekommen und Wünsche in einfacher Weise auszudrücken.

Perspektiven von Menschen mit Taubblindheit & Hörsehbehinderung

Das Leben von Menschen mit Taubblindheit und Hörsehbehinderung ist sehr eingeschränkt und sie sind ihr Leben lang auf Hilfestellungen angewiesen. Die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen können jedoch Freude am Leben haben: Essen genießen, Spaß bei Aktivitäten erleben, körperlich aktiv sein sowie menschliche Zuneigung erfahren und selbst schenken. Dafür Bedarf es einer intensiven Unterstützung, Begleitung und Assistenz.